Liegt bei Vergabe eines Einzelgewerks ein Verbraucherbauvertrag vor?Verbraucherbauvertrag

Mit der Baurechtsreform 2018 wurde ein neuer Vertragstypus „Verbraucherbauvertrag“ geschaffen. Verbraucherbauverträge sind nach der gesetzlichen Definition Verträge, durch die der Handwerksbetrieb von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

Verbraucher sind natürliche Personen, die überwiegend nicht im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit handeln.



Zahlreiche Entscheidungen von Gerichten zu diesem Thema

Über die Fragestellung, ob bei einem Einzelgewerk für ein Bauvorhaben eines Verbrauchers ein Verbraucherbauvertrag vorliegt, gab es in den vergangenen Jahren zahlreiche Entscheidungen in jede Richtung.



Unsere Meinung

Von Anfang an vertraten wir die Meinung, dass die Regeln des Verbraucherbauvertrags nicht für alle Bauverträge gelten. Nach dem Wortlaut liegt unserer Meinung nach ein Verbraucherbauvertrag nur vor, wenn alle Leistungen aus einer Hand kommen (z. B. schlüsselfertige Errichtung eines Gebäudes durch einen Generalunternehmer). Die Vergabe einzelner Aufträge, wie etwa der Einbau einer neuen Heizung in ein bereits bestehendes Gebäude oder die Ausbesserung von Dachschäden, fallen nicht darunter.

Der Grund dafür ist, dass einzelne Bauaufträge im Rahmen des Baus und Ausbaus an Gebäuden von Verbrauchern unter den Anwendungsbereich des „normalen“ Bauvertrags im Sinne der § 650a BGB fallen.



Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der BGH hat nun am 16.03.2023 entschieden, dass bei einem Vertrag über ein einzelnes Gewerk eines Neubauvorhabens kein Verbraucherbauvertrag vorliegt. 

Im Verfahren hatte das ausführende Unternehmen eine Sicherheitsleistung nach § 650 f BGB gefordert, welche die Vergütung absichert. Dies ist bei Verbraucherbauverträgen nach § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BGB nicht möglich.

 Der BGH kommt zum Ergebnis, dass dieser Ausschluss mangels Vorliegen eines Verbraucherbauvertrags nicht gegeben ist. Nach dem Wortlaut des § 650i Abs. 1 BGB setzt ein Verbraucherbauvertrag voraus, dass der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird. Nach dem Wortlaut des § 650i Abs. 1 BGB (= Verbraucherbauvertrag) liegt das nicht vor, wenn ein Unternehmer die Verpflichtung zur Erbringung eines einzelnen Gewerks im Rahmen eines Neubaus eines Gebäudes übernimmt. Der Wortlaut der Vorschrift unterscheidet sich vom gleichzeitig in Kraft getretenen § 650a BGB, welcher einen Vertrag über die Herstellung eines Bauwerks oder eines Teils davon erfasst. Der BGH argumentiert, dass die Entstehungsgeschichte der Vorschrift eine solche Auslegung stützt und keine sprachliche Ungenauigkeit des Gesetzgebers vorliege. Teilweise wurde in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass aus Gründen des Verbraucherschutzes auch bei gewerkeweise vergebenen Leistungen im Rahmen des Neubaus eines Gebäudes § 650i BGB greifen müsse. Nach Ansicht des BGH verbietet es das Gebot der Rechtsklarheit, den Begriff des Verbraucherbauvertrags aufgrund einer allgemeinen Zielvorstellung des Verbraucherschutzes zu erweitern, ohne dass dies im Gesetzestext erkennbar wäre. Der Unternehmer müsse erkennen können, ob und welche Unterrichtungs- und Belehrungspflichten ihn schon im Vorfeld des Vertrages treffen.

 Ansprechpartner

Fragen beantworten Ihnen gerne Claudia Kreuzer-Marks (Oberpfalz) und Markus Scholler (Niederbayern).

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