Das Meisterstück von Simon Langwieser ist ein Geschenk an seinen Vater und genau auf dessen Bedürfnisse zugeschnitten.
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Das Meisterstück von Simon Langwieser ist ein Geschenk an seinen Vater und genau auf dessen Bedürfnisse zugeschnitten.

Spezielles MeisterstückMit dem Maschinenbau die Zukunft gestalten

Die Begeisterung für den Maschinenbau ist Simon Langwieser aus Pfeffenhausen im Landkreis Landshut anzusehen. "Was mir besonders Spaß macht ist das Gesamtkonzept", erzählt der 21-Jährige, der im Bildungszentrum Regensburg der Handwerkskammer kürzlich seinen Meister im Feinwerkmechanikerhandwerk absolviert hat. "Eine Maschine, die ist ja nie fertig. Es gibt immer etwas, was man besser machen kann." Die Möglichkeit der Optimierung, der ständige Wandel und die Entwicklung, das sei das Schöne an seinem Handwerk. Genau dieser Gedanke steckt auch in Simons Meisterstück. Im Rahmen seines Meisterkurses hat er einen Rollstuhl angefertigt. Nur vier Monate für Konstruktion und Planung und acht Tage für die Fertigung und Montage hatte Simon Langwieser Zeit, um das ambitionierte Projekt in die Tat umzusetzen. Viele hätten ihn im Vorhinein gewarnt sich nicht zu übernehmen. Auch Simon selbst hatte Zweifel, ob das überhaupt in der Kürze der Zeit zu schaffen sei. Am Ende überwiegt der Ehrgeiz, denn den elektrischen Rollstuhl fertigt er für seinen Vater. Das Meisterstück ist mit zahlreichen elektrischen Funktionen optimal auf dessen Bedürfnisse angepasst. Er verfügt unter anderem über eine verstellbare Rückenlehne, eine Beinhöhenverstellung und eine Beinwinkelverstellung. Die Sitzfläche lässt sich nicht nur rauf- und runterbewegen, auch die Sitzlänge ist verstellbar. Besonders stolz ist der 21-Jährige allerdings auf den eigens entwickelten Allradantrieb. Vier Elektromotoren sind in einem Quadrat angeordnet, sodass sich der Rollstuhl sehr leicht um seine eigene Achse drehen kann. "Den Allradantrieb braucht man außerdem, um kleine Hürden zu überwinden." Das war Simon besonders wichtig, damit sein Vater in Zukunft ohne Probleme in die heimische Werkstatt kommt.

Durch Rollstühle zum Maschinenbau

Simon Langwiesers Vater ist seit etwa zwanzig Jahren aufgrund einer Infektionskrankheit auf den Rollstuhl angewiesen. Der gelernte Maschinenbauer und technische Zeichner führt seinen Sohn durch die Rollstühle früh an den Maschinenbau heran. "Ich war 10 Jahre alt, als beim Rollstuhl vom Papa ein Druckgussteil gebrochen ist. Da habe ich gesagt, das müssen wir richten." So habe alles angefangen, erinnert sich Simon. In den folgenden Jahren repariert und optimiert er die Rollstühle des Vaters. Immer an seiner Seite ist dabei seine Schwester Maria, die heute als technische Produktdesignerin arbeitet. "Ohne die Maria würde nichts funktionieren", sagt der Jungmeister über seine Schwester. Gemeinsam bauen die beiden für den Vater einen Rollstuhl komplett um - da ist Simon gerade im ersten Lehrjahr. Sie statten ihn mit einem elektrisch verstellbaren Schneeschild aus, entwickeln eine eigene Fronthydraulik und bauen einen Schaltkasten aus Klemmen und Lego. "Ein ähnliches System hat der Klemmenhersteller drei Monate später auf den Markt gebracht. Natürlich nicht ganz so wie bei uns, mit Legosteinen und Heißklebepistole", das Prinzip sei aber das Gleiche gewesen. Immer wieder finden sie neue Wege um die Technik zu verbessern, immer wieder kommen sie auf neue Ideen. "Ich habe so viel gelernt in den letzten Jahren und mir auch selbst viel beigebracht." Die Rollstühle - aber auch die Freiheit die Simons Vater seinen beiden Kindern gegeben habe - seien der Grund dafür, dass Simon heute im Maschinenbau eine berufliche Heimat gefunden hat. Als er kurz nach Antritt seines Meisterkurses erfährt, dass die Teilnehmer sich das Meisterstück selbst aussuchen dürfen, überlegt er nicht lange. "Wenn der Papa mir nicht zehn Jahre lang das Vertrauen gegeben hätte, dass ich das alles schaffen kann, dann hätte ich ihm jetzt den Rollstuhl nicht bauen können."

Maschinenbau in Zukunft stark gefordert

Dem Maschinenbau bescheinigt Simon Langwieser eine enorme Wirkmacht - jetzt und in Zukunft - gerade auch beim Thema Barrierefreiheit. Denn selbst kleine Barrieren, wie beispielsweise Schwellen am Bordstein, würde man als gesunder Mensch gar nicht wahrnehmen. Dabei können nur wenige Zentimeter für Rollstuhlfahrer unüberwindbare Hürden darstellen. Nicht überall könne die Umgebung verändert werden, dafür aber die Hilfsmittel die zur Verfügung stehen. Die seien jetzt schon sehr gut, meint er, trotzdem gäbe es noch Optimierungsbedarf. Vor allem sei es wichtig, dass bei der Weiterentwicklung und der Entwicklung neuer Hilfsmittel, diejenigen miteinbezogen werden, die darauf angewiesen sind. Maschinenbau also, der auf den Anwender zugeschnitten ist. "Die Menschen, die mit einer Behinderung leben, wissen sehr genau was sie brauchen", so der Jungmeister. Mehr noch als der Bau und die Weiterentwicklung von Rollstühlen begeistert den Jungmeister allerdings der Maschinenbau in der Landwirtschaft. Seit seiner Ausbildung ist er in der ROPA Fahrzeug- und Maschinenbau GmbH in Sittelsdorf mit der Tochterfirma PMB beschäftigt, die sich auf die Herstellung von Maschinen für die Zuckerrüben- und Kartoffelerntetechnik spezialisiert haben. Dabei ist ihm auch die Begeisterung für die Landwirtschaft eingeschrieben. Sein Vater kommt aus einem Hopfenanbaubetrieb, den Simons Cousin und Onkel auch heute noch bewirtschaften. Er weiß: "In den vier Wochen, in denen die Hopfenernte ist, müssen die Maschinen laufen." Dabei würden die Anforderungen in Zukunft immer komplexer werden. "Mit dem Klimawandel kommen auf die Landwirtschaft ganz neue Herausforderungen zu." Extremere Wetterbedingungen und Bodenverhältnisse seien das eine, das andere neue Vorgaben aus der Politik wie die Düngeverordnung. "Darauf muss man sich in Zukunft einfach stärker konzentrieren und da ist auch der Maschinenbau gefordert, dass die Maschinen schlagkräftig und einsatzbereit sind."

Als Handwerksmeister in die Entwicklung

Schon mit 21 Jahren ist Simon Langwieser voller Ideen und Tatendrang. Mit dem Meister in der Tasche schaut er optimistisch in die Zukunft. Vorerst möchte er weiter in seinem Ausbildungsbetrieb bleiben, auch deswegen, weil ihm hier viele Entwicklungsmöglichkeiten gegeben wurden und großes Vertrauen entgegengebracht wurde. "Langfristig wird es aber wohl auf ein Studium rauslaufen", sagt er. Als Handwerksmeister in die Entwicklung gehen, die Theorie vertiefen und dann wieder in die Praxis umzusetzen - das kann sich Simon sehr gut vorstellen. Eine Grundeinstellung, die er mit vielen Handwerkerinnen und Handwerkern teilt, wird ihm dabei sicher helfen: "Wenn jemand sagt, dass was nicht funktionieren wird, dann sage ich: das machen wir einfach trotzdem."

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Wolfgang Meyer

Kursleiter Metall

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Hier im Ganzen zu sehen: Der selbstgebaute Rollstuhl für Simon Langwieser´s Vater.
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