Wie Corona Wirtschaft und Gesellschaft digital vorangetrieben hat, erklärte Sascha Lobo bei Online-Vortrag der AGU "Im Notfall gehen die Dinge digital"
20. Mai 2021
Wenn wir die Digitalisierung intelligent nutzen, überwiegen die Chancen - auch für das Handwerk. Das war der Tenor des 60-minütigen Online-Vortrags von Journalist, Blogger und Analytiker Sascha Lobo gestern Abend zum Thema "Fast forward - wie Corona Wirtschaft und Gesellschaft digital zehn Jahre nach vorn katapultiert hat." Der gebürtige Berliner, der vielen auch wegen seines markanten Irokesenhaarschnitts bekannt ist, kam auf Einladung der AGU, der Arbeitsgemeinschaft für Unternehmensführung im Handwerk, nach Regensburg, um aufzuzeigen, dass eine "gigantische digitale Transformation" im Gange ist.
Handwerk hat in der Krise flexibel reagiert
Eingangs kritisierte Sascha Lobo die "gruselige deutsche Infrastruktur". Laut Statistik liege die Bundesrepublik beim Thema Glasfaseranschlüsse gleichauf mit dem afrikanischen Staat Angola, wo laut Lobo nur 40 Prozent aller Häuser an fließendes Wasser angeschlossen sind. "Das ist eine Katastrophe. Vor allem weil der deutsche Wohlstand nicht in Metropolen wie Berlin, sondern in der Fläche erwirtschaftet wird". Beispielsweise sei das Handwerk besonders in ländlichen Gebieten stark. Nun habe zudem die Pandemie die Gesellschaft und ihre Ansprüche digital verändert: War eine Online-Konferenz früher noch undenkbar, gehören sie und das Homeoffice nun zum Standard. "Im Handwerk gibt es zwar Luft nach oben, aber es hat in der Krise große Flexibilität bewiesen." Die Lernerkenntnis laut Sascha Lobo: "Im Notfall gehen die Dinge digital." So müsse sich das Handwerk auf eine Verschiebung von Hardware zu vernetzter Software einstellen. Zum Beispiel: Was einst die Digitalkamera war, ist heute die App Instagram.
Digitale Bildung als Schlüssel zum Erfolg
Außerdem betonte Sascha Lobo, dass gerade das Smartphone für die Betriebe "ein Abwicklungszentrum für alles geworden" sei und damit große Datenmengen verschickt und empfangen werden, Stichwort Building Information Modeling (BIM). Insgesamt beobachtet der Analytiker einen "exponentiellen Fortschritt in der Digitalisierung". Er warnte: "Digitalisierung wird gefährlich, wenn wir sie nicht vollumfänglich verstehen." Dazu seien entsprechende Weiterbildungen unumgänglich. Zudem dürfe sich der Mittelstand nicht auf seinem Erfolg der letzten zehn Jahre ausruhen. "Die Erfolgsrezepte von heute, sind nicht die von morgen." Seines Erachtens halten die Betriebe zu wenig Ausschau nach digitalen Erfolgsmodellen. "Künstliche Intelligenz wird für das Handwerk ein Wettbewerbsfaktor werden." Auf die Frage eines Zuschauers, ob ihm die digitalen Entwicklungen Angst machen würden, sagte Lobo: "Nein, denn wir haben viel mehr Macht in der Gestaltung als wir denken. Was wir brauchen sind Bildung und Investitionen."
Mangelnde digitale Infrastruktur bremst Betriebe aus
Dr. Georg Haber, Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, monierte ebenfalls die digitale Infrastruktur. Vor allem im ländlichen Raum gebe es noch viele "weiße Flecken" im Mobilfunknetz sowie unzureichende Breitbandverbindungen. Für das Handwerk ein Problem: "Die Digitalisierung ist in allen seinen Facetten bereits ein wichtiges Werkzeug für uns. Die Lücken hemmen unsere Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit", so Haber. Sein Einsatz für dieses Thema bezeichnete er als "eine Herzensangelegenheit", für die er weiterkämpfen werde. Beim Thema digitale Ausbildung verwies Haber auf das Zentrum für digitale Gebäudetechnik der Handwerkskammer in Schwandorf. Heuer im Herbst geht dort ein neues Bildungs- und Schulungszentrum an den Start, um die ostbayerischen Handwerker in Sachen Digitalisierung fit zu machen.
Ohne das Handwerk funktioniert Digitalisierung nicht
Als Vertreter der AGU wandte sich Jürgen Pichl, stellvertretender Vorsitzender, an die Zuschauer. Er freute sich, im Rahmen des Vereinsprogramms "wieder einen hochkaratigen Gast, wie Sascha Lobo", begrüßen zu können. Das Thema Digitalisierung kann laut Pichl ohne das Handwerk nicht gelingen. "Deswegen brauchen wir junge Leute, die bei uns lernen und arbeiten", so Pichl. Das sei eines der Themen, mit denen sich die AGU beschäftige. Der Verein ist ein überfachlicher Zusammenschluss von rund 200 Handwerksunternehmen und Führungskräften aus Niederbayern und der Oberpfalz mit dem Ziel, seinen Mitgliedern aktuelle Informationen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu geben sowie einen überregionalen und überfachlichen Erfahrungsaustausch zwischen den Unternehmern zu schaffen.