Sondermaschine für BehindertenwerkstattEin Meisterstück für die Barrierefreiheit
Eine intensive Zeit liegt hinter Jakob Wittmann aus Haibach im Landkreis Straubing-Bogen. Seit letztem Jahr im Oktober plant und konstruiert der 22-Jährige sein Meisterstück im Feinwerkmechanikerhandwerk. Für die finale Fertigung und Montage nutzt er die Werkstätten der Handwerkskammer, "jeden Tag von sieben bis halb fünf." Er wollte etwas Besonderes machen, "im Bereich Sondermaschinenbau, eine echte Spezialanfertigung", erzählt Wittmann. Lange musste der Jungmeister nach einer passenden Idee nicht suchen. Durch seine Mutter, die in den KJF-Werkstätten in Straubing angestellt ist, war der Bedarf einer Sondermaschine schnell gefunden. In der Förderstätte verpacken Menschen mit Behinderung Ersatzteile für die Automobilindustrie. Für viele der Mitarbeitenden mit motorischen Einschränkungen, zum Beispiel aufgrund einer spastischen Lähmung, stellt es eine Herausforderung dar, die Tüten für die Ersatzteile zu greifen, zu öffnen und gleichzeitig zu bestücken. Das soll sich mit der Erfindung von Jakob Wittmann nun ändern. In seinem Meisterstück ist ein Roboterarm verbaut, dieser greift die Tüten, öffnet sie und stülpt sie über ein Gestell, von dem sie problemlos heruntergenommen werden können. "Wir haben uns sehr über das Angebot von Herrn Wittmann gefreut," so die Leiterin der Einrichtung Ingrid Schultes. Man wolle Menschen die beeinträchtigt sind in den Werkstätten so selbstständig wie möglich arbeiten lassen, oft stelle das aber eine Herausforderung dar. "Die Maschine ist eine tolle Unterstützung und für uns ein ganz wertvoller Beitrag im Rahmen der Inklusion", freute sich Schultes.
Bis zum Schluss eine Zitterpartie
Dass Meisterkursteilnehmer selbst entscheiden dürfen, welches Meisterstück sie anfertigen möchten, das war nicht immer so, berichtet Kursleiter Wolfgang Meyer. Seit Oktober 2022 hat sich das aber durchgesetzt. "Das war mir wichtig. Die Meisterschüler können so beispielsweise an einem Kundenauftrag mitwirken oder für ihre eigene Werkstatt eine Maschine bauen. So ist eine sinnvolle Verwendung der Meisterstücke auch nach der Prüfung gewährleistet", berichtet Meyer. Gleichzeitig können die Meisterschüler so ihre Kreativität unter Beweis stellen, welche Innovationen man mit einem Meister im Feinwerkmechanikerhandwerk umsetzen kann. Für die Planungsphase und Konstruktion haben die Kursteilnehmer ab Kursbeginn Zeit, die Fertigung und Montage muss dann in acht Werktagen am Ende des Kurses erfolgen. Für Jakob Wittmann eine Zitterpartie. "Ob das alles so funktioniert, wie ich es in den letzten Monaten geplant habe, das weiß ich ja erst, wenn ich den Schalter umlege." Nach Kursabschluss ist er erleichtert – ganz zufrieden aber trotzdem noch nicht. "Es hat jetzt immer noch Dinge gegeben, die ich gerne noch besser umgesetzt hätte", so der Jungmeister. Bis zur Übergabe an die Förderstätten bleibt ihm jetzt genügend Zeit seine Maschine zu perfektionieren – und das ganz ohne Abgabedruck.
"Großes technisches Verständnis"
Die Begeisterung fürs Handwerk ist dem 22-Jährigen in die Wiege gelegt. Sein Vater ist Zimmerer, er selbst wollte aber ein technisches Gewerk erlernen. Während der Schulzeit absolviert er ein Praktikum, hier lernt er den Beruf des Elektronikers und Informatikers kennen. Auf das Handwerk des Feinwerkmechanikers kam er im Gespräch mit einem Nachbarn. "Der hat mir von seiner Arbeit erzählt, von den riesigen Zerspanungszentren, die sie dort hatten." Das begeistert Wittmann. Seine Lehre absolviert er bei der Firma Fuchs Maschinenbau in Straubing. 2023 entscheidet er sich für den Meisterkurs. "Ich wollte einfach auch selbst mal was entscheiden", sagt Wittmann. "Als Meister hat man sehr viele Möglichkeiten selber Dinge auszuprobieren und Entscheidungen zu treffen." Nach dem Kursabschluss warten eben solche Möglichkeiten in einer neuen Stelle bei der Firma Rohr auf ihn, die im Spezialfahrzeugbau tätig sind. Seine Aufgaben sind hier vielfältig. So wird er im Service, im Qualitätsmanagement und in unterschiedlichen Projektarbeiten eingesetzt. "Man braucht bei all dem ein großes technisches Verständnis", so Wittmann. Dass er darüber verfügt, hat er mit seinem Meisterstück auf jeden Fall bewiesen. Sein Handwerk nach dem Meisterkurs so zu beherrschen, bedeutet Wittmann viel. "Es ist toll, sich selber etwas auszudenken und dann umsetzen zu können. Wenn mich jetzt jemand fragt, ob ich bestimmte Sachen in dem Bereich fertigen kann, dann kann ich sagen: Ja, ich kann das, ich hab das gelernt."